(gerdes) Bei Regen nicht nass, sondern sauber werden? Statt Kleidung in der Waschmaschine zu waschen, würde ein Spaziergang bei schlechtem Wetter genügen. Autos und Fahrräder müssten nicht mehr geputzt und Straßen nicht mehr gefegt werden. Wäre das nicht herrlich? – Zu entdecken ist solch ein Selbstreinigungseffekt bei den Blättern der Lotuspflanze, die in Asien deshalb als Symbol der Reinheit gilt. Ist bei anderen (heimischen) Pflanzen ähnliches zu beobachten? Warum werden einige Pflanzen nicht nass, sondern Wasser perlt auf ihren Blättern ab? Warum lassen sich dieselben Pflanzen mit wenig Wasser ganz leicht von Schmutz o. ä. reinigen, während sich dieser auf anderen Blättern hartnäckig hält? Wozu dient den Pflanzen dieser Selbstreinigungseffekt und inwiefern kann der Mensch diesen nutzen? Fragen, die sich beispielsweise Wilhelm Barthlott bei seiner Entdeckung des Lotus-Effekts® gestellt haben mag.
Es gibt viele Dinge, die uns Menschen an der Natur faszinieren und/oder die wir gerne selbst können oder nutzen würden. Die Wissenschaft, die sich kurzgesagt mit der Analyse von Anpassungen und Entwicklungen der belebten Natur und ihrer innovativen Umsetzung in der Technik beschäftigt, ist die Bionik. Auch Kinder im Grundschulalter haben bereits – bewusst oder unbewusst – Erfahrungen mit bionischen Erfindungen gemacht, z. B. der textile Klettverschluss, oder Analogien zwischen Biologie und Technik festgestellt, z. B. Taucherflosse – Entenfuß. Zudem interessieren sie sich vielfach für die Funktionsweise und Entstehungsgeschichte technischer Erfindungen.
Bionik ist daher ein bildungsrelevanter, perspektivenvernetzender Inhalt des Sachunterrichts der Grundschule, der mittlerweile auch curricular verankert ist (s. KC SU 2017). Ausgehend von eigenen Erfahrungen, Erkenntnissen und Interessen, sollen die Schüler und Schülerinnen u. a. ausgewählte Zusammenhänge zwischen Natur und Technik herstellen, technische Umsetzungen von bionischen Phänomenen im Alltag erschließen sowie an Denk- und Arbeitsweisen der Bionik herangeführt werden. Dies kann wiederum dazu anregen, um über den Umgang des Menschen mit der Natur nachzudenken.
Um die LiVD der Sachunterrichtsseminare I und II für diesen spannenden Themenbereich zu sensibilisieren und um mit ihnen dessen Bildungspotential zu erschließen und zu diskutieren, setzten sie sich im Rahmen einer gemeinsamen Seminarveranstaltung am Schulbiologiezentrum Hannover gemeinsam mit Ingo Mennerich exemplarisch mit dem Lotus-Effekt und dessen Bedeutung als Vorbild vieler technischer Anwendungen auseinander. So wurden an diesem Nachmittag im Sinne des naturwissenschaftlichen Lernens u. a. Vorstellungen und Fragen (s.o.) geäußert, Hypothesen formuliert, überprüft, in Einzelfällen verworfen und neu aufgestellt, sowie Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Die LiVD waren sich einig: Forschend-entdeckend, ggf. verbunden mit dem Lernen an einer Biografie, können sich auch Grundschulkinder u. a. dem Lotus-Effekt und damit dem Themenbereich Bionik nähern.
Abschließend wurde den LiVD das Schulbiologiezentrum Hannover als außerschulischer Lernort vorgestellt. Das Schulbiologiezentrum mit Schwerpunkt Naturwissenschaften und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) führt u. a. sowohl Unterricht für alle Schulformen und Klassenstufen als auch Fortbildungen und Beratung für Lehrkräfte durch. Darüber hinaus verleiht diese Einrichtung eine Vielzahl an Materialien für den naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen und liefert themenbezogene Pflanzensortimente und kann damit zu einer wichtigen Anlaufstelle für die künftigen Lehrkräfte werden.






Fotos: Claudia Gerdes